Den meisten fällt zu Krypton überhaupt nichts ein, einige wenige fabulieren über ferne Planeten und noch weniger finden es eigentlich ganz spannend, dass ein so selbstgefälliges Element wie Krypton eben doch manchmal zu was gut ist und sogar in Einzelfällen Verbindungen mit anderen Elementen eingeht – wenn auch nur unter Zwang…
Die Edelgase wurden im 19. Jahrhundert entdeckt. Schon damals war den Forschern klar, dass es sich dabei um äußerst unreaktive Bestandteile der Luft handelt. Krypton wurde nach Helium und Argon durch Destillation von flüssiger Luft von William Ramsay und Morris William Travers entdeckt.
„There remained […] a gas which showed besides the spectrum of argon a bright yellow and bright green line […] The new gas, which we named “krypton” or “hidden” was found to be […] when purified fourty times as heavy as hydrogen.”
Sir William Ramsey in seiner Rede zum Nobelpreis über Entdeckung des Kryptons im Jahr 1894.
Die weiteren schwereren Edelgase folgten nur wenige Jahre später. 1900 wurde das radioaktive Element Radon entdeckt, das jedoch bis zum Jahr 1923 unter dem Namen Nito oder Radium-Emanation geführt wurde. In den frühen Zweitausendern kam letztendlich das kurzlebigste und schwerste Homologe Organesson dazu.
Vorkommen und Verwendung
Wie alle Elemente der achten Hauptgruppe ist auch das Krypton bei Standardbedingungen ein einatomiges Gas, das farblos und äußerst reaktionsträge ist. Es kommt in unserer Atmosphäre sehr selten vor: Nur etwa 1 Teilchen von einer Million Luftteilchen ist ein Krypton-Atom. In der Erdhülle ist das Element mit einer Häufigkeit von 1.9 • 10-5 ppm (parts per million) noch viel seltener. In anderen Teilen unseres Universums kommt es jedoch bedeutend häufiger vor. Die Anwendung von Krypton ist überschaubar. Es wird fast ausschließlich als Füllgas oder Zusatz in Glüh-, Halogen- und Leuchtstofflampen und in Geigerzählern verwendet. In Glühlampen z. B. setzt das Edelgas die Abdampfrate des Wolframs in der Glühwendel herab und ermöglich so höhere Glühtemperaturen.
Gasentladungslampen gefüllt mit den fünf Edelgasen (Quelle: Pslawinski, wikimedia)
Zur Untersuchung der Lungenventilation in der Computertomografie wird ein Gemisch aus Xenon und Krypton als Kontrastmittel eingesetzt, um die narkotisierende Wirkung des reinen Xenons zu begrenzen. Die Absorption von elektromagnetischer Strahlung wird auch im Flüssig-Krypton-Kalorimeter, einem Teilchendetektor, der am Genfer Forschungszentrum CERN zum Einsatz kommt, ausgenutzt. Das Kalorimeter ist hier ein Teil eines riesigen Detektorsystems, das zu Untersuchung extrem seltener Zerfallsreaktionen von Elementarteilchen benötigt wird.
Verbindungen mit und ohne Bindung
Die Anzahl der „echten“ Verbindungen, in denen Krypton mit seinen Bindungspartnern mehr als nur eine recht unverbindliche Wechselwirkung eingeht, ist äußerst klein. Schon seit vielen Jahren ist die Verbindung Kryptondifluorid KrF2 bekannt. Ein extrem effizientes Oxidationsmittel. Neben der Fluorverbindung sind nur Verbindungen mit Kr–O- und Kr–N- Bindungen bekannt.
Mit den Krypton-Clathraten ist eine Fülle von physikalischen Verbindungen mit schwächeren Wechselwirkungen zu Krypton bekannt. In solchen Einlagerungsverbindungen ist das Edelgasatom in einer Art Käfigstruktur eingeschlossen. Im einfachsten Fall wird das Käfiggerüst aus Wassermolekülen gebildet. In Anwesenheit von Krypton, das sich leidlich gut (etwa 100 ml Gas in 1 l Wasser bei 0 °C) in gefrierendem Wasser löst, bildet Wasser nicht wie gewöhnlich eine hexagonale Eisstruktur, sondern eine kubische Struktur aus. Im kubischen Eis existieren zwar weniger Hohlräume, diese sind jedoch größer und können das große Krypton-Atom mit einem Van-der-Waals-Radius von 3.8 Å aufnehmen.
Ähnlich funktioniert die Einlagerung auch in Metallorganischen Gerüstverbindungen (MOFs), die so designt werden können, dass Poren und Kanäle ausgebildet werden, die gewünschte Größen und Formen aufweisen. Anwendung finden sie dann z. B. als Trennsystem für Xenon und Krypton.
In tiefen Gewässern und fernen Planeten
Die (geistige) Verbindung von Krypton mit Planeten und fernen Gestirnen ist kein reines Hirngespinst von Science-Fiction. Tatsächlich werden Proben von Asteroiden oder Gesteinsproben vom Mond auf ihren Krypton-Gehalt untersucht. Das Isotop 81Kr hat eine Zerfallszeit von 229 000 Jahren und lässt damit Untersuchungen zu, die weit außerhalb des zeitlichen Rahmens von 14C sind.
81Kr entsteht durch Wechselwirkung von stabilem Kr mit kosmischer Strahlung im oberen Atmosphärenbereich. Untersuchungen von Tiefengewässern und extraterrestischem Gesteinsmaterial lassen Rückschlüsse auf die Bildung der Erde und des Mondes zu. Es kam also durchaus von Vorteil sein, derart reaktionsträge zu sein.
Literatur:
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Quecksilber ist zweifellos eines der bekanntesten Elemente des Periodensystems. Lange geliebt, oft bewundert, gebraucht und missbraucht, und heute schließlich verpönt, blickt das „flüssige Silber“ auf eine lange und enge Bindung zur Menschheit zurück.
Elementares Quecksilber (Quelle: Fotolia.com)
Schon in seinem Namen offenbart das Element Quecksilber seinen sonderbaren Charakter: Das chemische Symbol Hg steht für Hydragyrum (griechisch: Wassersilber) und wurde auch als Argentum vivum, als lebendiges Silber bezeichnet. Im Englischen wird es neben Mercury auch Quicksilver – schnelles Silber – genannt.
Ungewöhnliche Eigenschaften
Wer schon einmal gesehen hat, wie kleine Kügelchen des glänzenden Metalls auf glatten Oberflächen fließen, der wird den Namen flüssiges Silber nur allzu treffend finden. Quecksilber ist das einzige Metall, das bei Raumtemperatur in flüssigem Zustand vorliegt. Es bildet in elementarer Form silbern glänzende Kugeln, die beim Aneinanderstoßen miteinander verschmelzen. Der bei Raumtemperatur flüssige Zustand ist tatsächlich ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Metalle, insbesondere glänzende Edelmetalle, sind gewöhnlich erst bei mehreren Hundert, oft sogar erst über 1000 °C flüssig.
Der Aggregatzustand ist jedoch nicht die einzige Absonderlichkeit, die Quecksilber zu bieten hat. Aufgrund der hohen Oberflächenspannung fließt es über glatte Flächen, ohne diese zu benetzen. Eine Flüssigkeit, die keine Flecken hinterlässt. Auch die hohe Dichte der Flüssigkeit überrascht: ein Liter Quecksilber wiegt fast 15 kg! Heute werden ungewöhnliche physikalische Eigenschaften jedoch nicht mehr mystifiziert, sondern nüchtern erklärt. Was das Interesse an ungewöhnlichen Elementen jedoch nicht schmälert. Mit der Ordnungszahl 80 gehört Hg zu den schweren Elementen, auf die sich relativistische Effekte besonders stark auswirken. Aufgrund der Lanthanoiden-Kontraktion ist die hohe Kernladung weniger effektiv abgeschirmt als bei den leichteren Homologen der Gruppe 12. Besetzte Orbitale, wie auch das Valenzband liegen deshalb im Vergleich zu Zn und Cd näher am Kern, was das Fermi-Niveau absenkt und die Bandlücke vergrößert. Daraus resultieren eine schwache Metall-Metall-Bindung, schlechte elektrische Leitfähigkeit und eine vergleichsweise hohe Flüchtigkeit. Rechnerische Analysen zeigen, dass die Auswirkung relativistischer Effekte den Schmelzpunkt von Hg um etwa 100 Kelvin erniedrigen.
1911 entdeckte der niederländische Forscher Heike Kamerlingh Onnes eine andere wirklich großartige Eigenschaft des Quecksilbers. Das Metall, das bei Raumtemperatur den elektrischen Strom eher schlecht leitet, wird beim starken Abkühlen mit flüssigem Helium auf -269 °C zum perfekten Leiter. Mit der Entdeckung der Supraleitfähigkeit tat sich ein Forschungsfeld auf, das auch heute noch viele WissenschaftlerInnen umtreibt.
Früh gekannt, in Fülle genutzt… Schon in der Antike kannte und nutze man gelbe und rote quecksilberhaltige Pigmente (HgO und HgS). Sehr hohe Quecksilber-Konzentrationen wurden in Mayastätten wie Tikal gefunden. Es ist erwiesen, dass das Quecksilber aus dem roten Zinnober (HgS) ins Trinkwasser freigesetzt wurde.
Qin Shi Huang, der erste Kaiser Chinas, 259-210 v. Chr. (Quelle: J. Clements, The First Emperor of China, Sutton Publishing, Cheltenham 2006.)
Der Legende nach soll es im Grabmal des ersten chinesischen Kaisers Flüsse aus Quecksilber gegeben haben, die die Weltmeere symbolisieren sollten. Ob die Legende stimmt, oder ob sich die Überlieferungen damit vermischen, dass der größenwahnsinnige Kaiser den Tod mit quecksilberhaltigen Zaubertränken überwinden wollte, ist unklar. Fakt ist jedoch, dass er das „Elexier der Unsterblichkeit“ kaum überleben hätte können. Denn: nahezu alle Quecksilberverbindungen sind hoch toxisch. Um das Jahr 1000 gab es in den Palästen der Kalifen in mehreren arabischen Städten mit Quecksilber gefüllte Becken oder Springbrunnen, die für das Spiel mit Lichtwirkungen genutzt wurden, auch über Quecksilber-Bäder wird berichtet.
Hg in der Medizin- ein Teufelszeug der Alchemisten?
Ab dem Mittelalter hielt man es jahrhundertelang für gute medizinische Praxis, allerlei Krankheiten mit Quecksilber oder Quecksilberverbindungen zu behandeln. Paracelsus wandte HgCl2-Lösungen als Abführmittel an und behandelte Syphilis mit quecksilberhaltigen Salben. In seinen Lehren wird dem Quecksilber eine zentrale Rolle zugeschrieben, denn zusammen mit Schwefel und Salz als sog. nicht-stoffliche Elemente baut es den menschlichen Körper auf. Schwefel symbolisiert das Brennbare, die Seele, das Quecksilber die Flüchtigkeit, der Lebens-Geist und das Salz das Beständige, den Körper selbst. Durch Ungleichgewichte zwischen den Dreien entstehen nach alchemistischer Auffassung Krankheiten, die durch Gabe des fehlenden Stoffes ausgeglichen wurden.
Paracelsus, 1493-1541 (Quelle: Pharmaziemuseum der Universität Basel)
Wer denkt, dass Quecksilber nur Alchemisten, Mittelalter-Quacksalbern und Badern vorbehalten war, der fehlt. Auch in der modernen Medizin hat Quecksilber eine Verwendung, wenngleich die Anwendung und vor Allem auch die Dosierung mittlerweile stark reduziert sind. Bis 2003 wurde das Antiseptikum Mercurochrome vermarktet, das wie der Name schon sagt, Quecksilber enthielt. Auch Zahnfüllungen aus Amalgam waren bis vor einigen Jahren Standard. Amalgame sind Legierungen des Quecksilbers, bei Zahnfüllungen beträgt der Hg-Gehalt stolze 60 %. Wie genau sich die intermetallischen Verbindungen im Laufe der Zeit verändern ist nicht genau bekannt. Geklärt ist hingegen, dass es sich beim Hauptbestandteil der Dentalfüllungen um die Phase Ag2Hg3 handelt. Auf Beschluss der EU-Kommission wird die Verwendung von zahnärztlichem Amalgam seit Juli 2018 jedoch minimiert, bis 2030 soll über ein evtl. Verbot entschieden werden. Aktuell stecken in den Mündern von EU-Bürgern aber noch 1.300 bis 2.200 Tonnen des giftigen Metalls und ein durchschnittlicher Erwachsenenkörper enthält, ohne Zahnfüllungen, etwa 6 g Hg.
Obwohl in den westlichen Ländern ein erhöhtes Bewusstsein für die Giftigkeit des Quecksilbers existiert, herrscht weitgehend Stillschweigen über die Emissionsquellen. 20 % des weltweit durch menschliche Aktivitäten emittierten Quecksilbers fallen allein als Abfallprodukt bei der Verbrennung von Kohle zur Stromerzeugung an. In Deutschland sind das jährlich etwa 7 Tonnen Quecksilber! Auch durch Müllverbrennung und Vulkanausbrüche wird das Metall freigesetzt. Global gelangen jährlich bis zu 30 Tonnen Hg in die Atmosphäre, werden irgendwann abgeregnet und reichern sich in Gewässern an. Über Algen und Fische landet das Metall schließlich dann auf unseren Tellern. Einige Fische, wie z. B. Thunfisch, Hecht oder Hai enthalten besonders viel Quecksilber. Diese hohen Konzentrationen schädigen die Tiere selbst wohl deshalb nicht, weil sie ebenso hohe Konzentrationen von Selen enthalten. Selen hat eine hohe Hg-Affinität und wirkt somit als Quecksilber-Antagonist.
Macht wirklich nur die Dosis das Gift?
Die Toxizität von Quecksilber sollte nicht pauschalisiert werden. Es kommt nämlich nicht nur auf die Dosis, sondern auch darauf an, wie und in welcher Form das Schwermetall aufgenommen wird.
„Little Willie from his mirror Licked the mercury right off, Thinking in his childish error, It would cure the whooping cough. At the funeral his mother Brightly said to Mrs. Brown: `Twas a chilly day for Willie When the mercury went down.´”
(Harry Graham, Ruthless Rhymes for Heartless Homes, 1899)
Quecksilber kommt in Dentalfüllungen vor, in elektrischen Schalter, in Leuchtstoffröhren, in Xenon-Scheinwerfern, in Energiesparlampen, bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse und beim Gold-Abbau z. B. in Peru oder auf den Philippinen.
Elementares Quecksilber ist ungeladen und oberhalb von -39 °C flüssig. Wie alle Flüssigkeiten kann auch das Metall langsam verdampfen und wird so über die Atemwege aufgenommen. Viel gefährlicher sind allerdings die Quecksilber-Dämpfe, die bei Erhitzen des Metalls entstehen. Seit 2011 gilt ein MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) von 0,02 mg Hg/m³ Luft, die Resoptionsrate liegt bei 80 %.
Quecksilber passiert die Blut-Hirn-Schranke und ruft bei hohem Dosen Schädigungen des zentralen Nervensystems hervor. Akute Vergiftungserscheinungen sind Atemnot, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Zittern, Orientierungslosigkeit und Krämpfe. Bei chronischer Exposition manifestieren sich die neurokognitiven Störungen, Schädigungen vor allem des Gehirns können irreversibel sein.
Als anorganisches Quecksilber wird meist das zweiwertige Kation bezeichnet, obwohl Quecksilber auch in der Oxidationsstufe +I auftreten kann. Aufgrund der Elektronenkonfiguration 5d106s2 ist vor allem die Oxidationsstufe +II stabil. Einwertiges Hg wird durch die Ausbildung von Hg-Hg-Bindungen stabilisiert. In Salzen kommen typischerweise [Hg-Hg]2+-Hanteln vor.
Quecksilbervergiftungen kommen heutzutage fast immer über Kontakt mit gelösten Quecksilbersalzen oder Quecksilberverbindungen vor. Oral oder über die Haut aufgenommen, akkumuliert das Metall in Niere und Leber, verursacht nach Verschlucken Darmschädigungen und ruft die gleichen Vergiftungserscheinungen hervor, wie elementares Quecksilber. Allerdings beträgt die Resorption bei oraler Aufnahme nur etwa 10 %, die letale Dosis liegt bei etwa 1 Gramm. Nochmals höhere Werte gelten für die subkutane Aufnahme.
Bereits im 18. Jahrhundert kannte man das Krankheitsbild des Erethismus mercurialis, des Hutmachersyndroms. Hutmacher waren berufsbedingt täglich hohen Hg-Konzentrationen ausgesetzt, weil Felle und Filze mit Quecksilbersalzlösungen behandelt wurden. Auch der verrückte Hutmacher aus Alice im Wunderland (Lewis Carrol 1865) wird als leicht reizbare Person mit ständig wechselnden Stimmungslagen beschrieben. Bis in die 90-er Jahre waren HgCl-haltige Vaginalzäpfchen auf dem Markt, die der Empfängnisverhütung dienten. Die Wirkung als Spermizid beruht auf der Hohen Bindungsaffinität des Quecksilbers zu Schwefel und damit zu SH-Gruppen in Proteinen. Auch eine Schädigung der DNA wird beschrieben.
Als organisches Quecksilber sind vor allem die Verbindungen Methylquecksilber (MeHg+) und Dimethylquecksilber (Me2Hg) von Bedeutung. Ihre Toxizität ist seit 1863 bekannt. Es liegt eine hohe Resorption der Verbindungen über die Atemwege und die Verdauungsorgane vor. Methylquecksilber entsteht durch mikrobielle Methylierung z. B. aus natürlichen Quecksilbervorräten im Meeresboden. Bereits kleine Dosen sind sehr giftig und verbleiben über Jahrzehnte im Körper. Methylquecksilberverbindungen erlangten in den 50-er Jahren traurige Berühmtheit, weil sie im japanischen Minamata das Grundwasser vergifteten. Verantwortlich für die Umweltkatastrophe, die Tausenden von Menschen das Leben kostete, war eine Chemiefirma, die ihr Abwasser in die Flüsse leitete.
Um Vergiftungen zu vermeiden, werden im kritischen Expositionsfall als Quecksilberfänger sog. Mercaptane eingesetzt. Schwefelhaltige Komplexliganden wie 2,3-Dimercapto-1-propansulfonsäure (DMPSO) und meso-2,3-Dimercaptobernsteinsäure binden Hg und beschleunigen die Ausscheidung. Hierbei wird die Bindungsaffinität zu Schwefel ausgenutzt. Auch selenhaltige Präparate sind wirkungsvoll.
Obgleich heute alles Mystische und Kuriose über das einst so rätselhafte Element aufgeklärt ist, scheint ein böser und unheilvoller Schatten um das Element geblieben zu sein. Immer wieder wird Quecksilber in verquere Zusammenhänge verstrickt. Der Hg-haltige Konservierungsstoff Thiomersal in früheren Impfstoffen soll Autismus bei Kindern hervorrufen und auf alternativmedizinischen Internetseiten wie z. B. Zentrum der Gesundheit finden sich allerlei merkwürdige Präparate zur Ausleitung von Quecksilber im Körper. Eine Korianderkur ist zwar sicherlich nicht schädlich, jedoch gibt es keinerlei Belege für die Wirksamkeit und es impliziert, dass der Umgang mit ernst zu nehmenden Vergiftungen laienhaft betrieben werden kann.
Literatur:
F. Calvo et al, Evidence for Low-Temperature Melting of Mercury owing to Relativity, Angewandte Chemie International 52, 2013.
H. Dopsch, Paracelsus – Arzt, Philosoph oder Goldmacher? In: U. Müller und W. Wunderlich, Künstler, Dichter, Gelehrte. Mittelalter-Mythen. Band 4. UVK, Seite 950 ff, Konstanz 2005.
W. Heinz: Die gelehrte Medizin zwischen Mittelalter und Humanismus. Wo steht Paracelsus? In: A. Classen: Paracelsus im Kontext der Wissenschaften seiner Zeit. Kultur- und mentalitätsgeschichtliche Annäherungen.,S. 151–174, Berlin 2010.
MAK Value Documentation in German language, Quecksilber und anorganische Quecksilberverbindungen, 2002.