Element des Monats September: Indium

Das Element mit der Ordnungszahl 49 ist selten. Obwohl es sich auf den ersten Blick wie ein typisches Metall verhält, kann man ihm beim genaueren Hinsehen doch auch etwas Kovalentes und Ionisches abgewinnen. Indium ist eines der Elemente, bei dem Bindungstheorie spannend wird.

Das BIld zeigt reines, silbern glänzendes Metall
Das reine Metall ist weich und silbern glänzend. (Quelle: https://assignmentpoint.com/indium)

Indium ist ein typisch unedles Metall. Es glänzt silbern, ist weich und duktil. Es ist das weichste Metall, das wir in den Händen halten können. Es lässt sich leicht biegen und macht dabei ein merkwürdig knirschendes Geräusch, das an das bekannte „Zinngeschrei“ seines Nachbarelements erinnert. Indium schmilzt ab 157 °C und bleibt dann bis 2000 °C flüssig.

Von Indium sind 38 Isotope und 45 Kernisomere bekannt. Natürlich vorkommend sind 115In mit 66 Neutronen und einer Häufigkeit von 95,7 % sowie 113In (64 Neutronen) mit einer Häufigkeit von 4,3 %. Unter Normalbedingungen kristallisiert Indium in einer tetragonal verzerrten kubisch flächenzentrierten Struktur. Weitere Modifikationen sind nur unter hohen Drücken von mehr als 45 GPa bekannt.

Entdeckung und Vorkommen: selten, unedel, aber teuer

Das Schwermetall ist sehr selten. Seine Häufigkeit in der Erdkruste liegt bei 0,05 ppm. Indium wurde deshalb auch erst sehr spät entdeckt: 1863 stießen F. Reich und T. Richter von der Bergakademie Freiberg in Sachsen bei der Suche nach Thallium in einem Zink-Erz auf das Element. Seinen Namen verdankt Indium der indigoblauen Flammenfarbe. Diese kommt durch einen elektronischen Übergang vom 5p-Grundzustand in das 6s-Niveau des angeregten Zustands zustande und entspricht der Spektrallinie bei 451 nm, also blauer Farbe.

Indium kommt in Mineralien wie Indit (FeIn2S4) oder Roquestit (CuInS2) vor, die hauptsächlich in Canada, China und Peru abgebaut werden. In kleineren Mengen ist Indium auch in Zink-haltigen Erzen wie Sphalerit (ZnS) enthalten, die z. B. auch in Deutschland gefunden werden. Der Gehalt an Indium liegt jedoch im ppm-Bereich und der Abbau ist deshalb wenig lukrativ.

Die globale Verfügbarkeit aller In-Vorräte wird auf 11.000 t geschätzt, was Indium zu einem knappen Rohstoff macht. 2008 lag der recycelte Anteil erstmals über der Menge an neu gewonnenem Metall, was den Preis deutlich sinken ließ.

Zeitliche Entwicklung des Indium-Preises. Die Angaben beziehen sich auf die Preise pro kg und wertden in € angezeigt.
Die zeitliche Entwicklung des Indium-Preises. Die Angaben beziehen sich auf die Preise pro kg und wertden in € angezeigt. (Quelle: www.indium-preis.de)

Lange bedeutungslos, heute unverzichtbar

Die ersten Anwendungen des unedlen Metalls waren recht unspektakulär und standen in engem Zusammenhang mit seiner Weichheit und der Ungiftigkeit für den menschlichen Körper. So wurde es ab den 30-er Jahren in Zahnfüllungen oder zum Überzug von Legierungen verwendet. Speziellere und spannendere Anwendungen folgten im 21. Jahrhundert mit fortschreitender Entwicklung der Halbleitertechnik und Informationstechnologie. Heute wird Indium in Lasern und Leuchtdioden sowie in der Hochfrequenztechnik verwendet. Es ist Bestandteil der ITOs (Indium-Tin-Oxides), die als transparente leitende Materialien Anwendung in Touchscreens und flüssigkristallinen Bildschirmen finden. In jedem Smartphone sind mehrere Milligramm Indium verbaut. Auch in Dünnschichtsolarzellen, den CIGS (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenide, CuInxGa1-xSe2) wird Indium verwendet.

Oxidationsstufen und ein Hauch von Bindungstheorie

Neben der für die dritte Hauptgruppe typische Oxidationsstufe +III sind auch Verbindungen mit einwertigem In bekannt. Die Ausbildung der s2-Kationen für In wird durch seine Stellung im Periodensystem gerechtfertigt. Innerhalb der Hauptgruppen werden niedrige Oxidationszahlen zu den schwereren Elementen hin stabilisiert. Die gemischt-valente Verbindung In2Br4 enthält Indium in beiden Oxidationsstufen.

Metallorganische Alkyl- oder Aryl-Verbindungen sind nur von In+III stabil. Analoge In+I-Verbindungen disproportionieren schon unterhalb von Raumtemperatur. Auch einige In+II– Verbindungen mit In-In-Einfachbindungen sind bekannt, sie benötigen allerdings eine hohe sterische Abschirmung, sonst findet auch hier eine Disproportionierung statt. Insgesamt ist die In-C-Bindung nicht sonderlich stabil und thermische Zersetzung erfolgt oft schon bei moderaten Temperaturen.

In Gruppe 13 des Periodensystems findet der Übergang von Nichtmetallen zu Metallen statt. Das leichteste Element dieser Gruppe, das Bor, ist ein typisches Nichtmetall. Die schwereren Homologen sind Metalle, also typische Kationenbildner. Salzartige Verbindungen wie InBr3 sind aus den Elementen darstellbar.

Daneben existieren aber auch viele Indium-Bromide und Iodide mit kovalenten In-In-Bindungen.

In zahlreichen intermetallischen Phasen wie z. B. CaIn oder CaIn2 tragen dier Indium-Atome gar negative Ladungen. Die Art der Bindung nicht mehr mit den einfachen Bindungskonzepten zu erklären.

Die Kristallsturkturen von CaIn und CaIn2.
Die Kristallsturkturen von CaIn (links) und CaIn2 (rechts). Die Indium-Atome sind in blau, die Calcium-Atome in gelb dargestellt.

In der Struktur von CaIn (Struktur rechts) sind kleine isolierte In-Einheiten zu erkennen. In diesen Vierringen ist jedes Indium-Atom zweibindig. Die formale Ladung ist nicht so einfach zu bestimmen. Eine ionische Zerlegung nach dem Zintl-Konzept erklärt die Ladungsverteilung nicht: 4 CaIn à 4 Ca2+ + [In4]12- – 4 e

Durch eine solche Zerlegung bleibt ein Elektronenmangel von 4 ebestehen, der durch die Ca-Kationen nicht ausgeglichen werden kann.

Für Vertreter des CaIn2-Strukturtyps (Struktur links) funktioniert die ionische Zerlegung. Die vierbindigen In-Atome sind formal einfach negativ geladen.

Die beiden Beispiele zeigen, dass eine einfache Aussage über die Bindungsverhältnisse anhand der Summenformel nur für echte Salze funktioniert. Anhand der intermetallischen Indium-Verbindungen können spannende Untersuchungen der elektronischen Struktur angestellt werden, die durch quantenchemische Rechnungen ergänzt werden. Die Vielfalt dieser Verbindungen füllt ganze Doktorarbeiten…


Literatur:

  1.  W. Uhl, Indium – selten und wichtig, in: Chemie der Elemente (GdCh Hrsg.), S. 39-41 Frankfurt 2019.
  2. https://www.institut-seltene-erden.de/seltene-erden-und-metalle/strategische-metalle-2/indium
  3. A. Hollemann, N. Wiberg, Lehrbuch der anorganischen Chemie, Band 1, 103. Auflage, De Gruyter 2017.